Was nutzen die besten Absichten, wenn geplante Bohrlöcher einfach nicht tiefer werden wollen? Oder wenn beim Bohren von Holz eher runde Brandlöcher statt saubere Bohrlöcher entstehen? Spätestens jetzt wird es Zeit für die Erkenntnis, dass unterschiedliche Materialien auch nach unterschiedlichen Bohrertypen verlangen. Dieser Artikel soll aufzeigen, welche Bohrerarten es gibt, was die unterschiedlichen Varianten können und was man besser nicht mit ihnen anstellen sollte.

Die Familie der Spiralbohrer

Unter den Bohrerarten bilden die Spieralbohrer die klassischen Bohreinsätze für Bohrhämmer, Schlagbohrmaschinen oder Akkuschrauber. Diese Bohrer ähneln sich alle auf den ersten Blick unabhängig vom Einsatzgebiet, denn sie haben alle einen Bohrschaft, gewendelte spanabführende Nuten und eine Bohrerspitze.

Es ist letztgenannte Spitze, die bei genauerer Betrachtung die größten Unterschiede zeigt. Ihre Konzeption und Geometrie entscheidet darüber, in welchen Werkstoff gebohrt werden kann.

HSS-Bohrer mit Dachspitze und zwei Schneiden

Diese Bohreinsätze fallen unter die sogenannten zerspanenden Werkzeuge. Über die Schneiden wird Material abgetragen (Späne) und durch die Spannuten „abtransportiert. Sie  werden aus Hochleistungsschnellschnittstahl (=HSS) gefertigt und in drei Kategorien unterteilt:

Typ N Normalspirale (Nut)
Verwendung: klassischer Metallbohrer, Stahl, Eisen, Buntmetall

Typ H langgezogene Spirale
Verwendung: harte und zäh-harte Materialien wie gehärteter Stahl, Hartkunststoff, Plexiglas

Typ W enge Spirale
Verwendung: weiche Werkstoffe wie Aluminium, Kupfer, Kunststoff, ggf. Hartholz/ Spanplatten.

Tipp: Titanbeschichtete oder kobaltvergütete HSS-Bohrer sind zwar in der Anschaffung etwas teurer. Längere Haltbarkeit und höhere Hitzebeständigkeit wiegen diesen Mehrpreis allerdings gerade bei häufigem Gebrauch auf.

© marcus_hofmann | Ein guter HSS-Bohrer gräbt sich ohne größere Probleme durch Metall. Hochwertige Exemplare besitzen eine Beschichtung aus…

Stein- und Betonbohrer

Diese Art von Spiralbohrern hat eine Dachspitze. Darin eingearbeitet ist ein meißelartiges Hartmetallplättchen. Je nach Verwendungszeck ist dieses gegebenenfalls angeschliffen. Im Gegensatz zu den HSS-Bohrern leisten Steinbohrer keine zerspanende Arbeit. Der Materialabtrag entsteht durch ein Zermahlen oder Zertrümmern des Werkstoffs im Bohrloch. Auch hier gilt: Für jedes Material gibt es den passenden Bohrer.

Steinbohrer mit geschliffenem Hartmetallplättchen
Dieser Bohreinsatz wird ohne Schlagbohrfunktion verwendet, da sonst sowohl das zu bohrende Material als auch der Bohrer Schaden nehmen. Er ist auch unter dem Namen Karat-Bohrer bekannt.
Verwendung: Fliesen, Steingut, weiches Gestein

Standard-Steinbohrer
Hier ist das Metallplättchen nicht angeschliffen. Diese Bohrer sind vom verwendeten Werkzeugstahl und der Konzeption her für den Gebrauch in Schlagbohrmaschinen vorgesehen.
Verwendung: universell Steine, Mauersteine

Hinweis: Für leistungsstarke Bohrhämmer sind diese Einsätze prinzipiell nicht geeignet. Sie halten den bei diesen Werkzeugen auftretenden Kräften und Belastungen nicht bzw. nicht lange stand.

© Gernot Krautberger | Ein Steinbohrer schneidet nicht, er mahlt und zertrümmert. Zu diesem Zweck ist ein Plättchen aus Hartmetall in…

Betonbohrer
Diese Variante ist vornehmlich auf den Härteeinsatz im Bohrhammer ausgelegt. Speziell vergüteter Stahl des Bohrerkörpers und die extrarobuste Bestückung an der Spitze heben den Betonbohrer von den restlichen Bohrerarten ab.
Verwendung: hartes Gestein, Beton.

Für extreme Anforderungen wie Durchbrüche oder besonders tiefe Bohrungen gibt es in diesem Sektor Sonderformen mit modifizierten Spitzen (Quattrospitze, X-Spitze)

Im Gegensatz zu den anderen Bohrertypen unterscheidet sich hier regelmäßig auch der Bohrerschaft: Dieser ist mit genormten Längsnuten für die Aufnahme in einem SDSplus- oder SDSmax-Bohrfutter ausgelegt.

© Ionescu Bogdan | Betonbohrer sind eine extra widerstandsfähige Ausführung des Steinbohrers und kommen insbesondere in Bohrhämmern zum…

Holzbohrer

Diese Form des Spiralbohrers hat keine Dachspitze. Seine zerspanend arbeitenden Schneiden sind außen nach oben gezogen. Im Zusammenspiel mit der mittigen Zentrierspitze wird zunächst die Außenkante des Bohrlochs angeschnitten, um ein Splittern des Materials zu verhindern. Dies würde mit einer dachförmigen Geometrie, wie sie beim Metallbohrer üblich ist, nicht gelingen. Wegen seines besonderen Schliffs darf der Holz-Spiralbohrer wie alle Holzbohrer ausschließlich zum Bohren in Holz verwendet werden. Selbst kurzzeitige Verwendung in anderen Materialien können diesen Bohreinsatz beschädigen oder zerstören.

Eine Sonderform dieses Vertreters der Bohrerarten findet sich im Schlangenbohrer, für den die größere Länge und eine als Einzugsgewinde ausgeprägte Zentrierspitze charakteristisch sind.

© remus20 | Die Schneiden des Holzbohrers sind außen nach vorn gezogen, so dass diese als erste in das Material eindringen. Ein Ausreißen…
© Denis Junker | Mit dem Schlangenbohrer liegt eine weiterentwickelte Ausführung des Holzspiralbohrers für tiefe Bohrungen vor. Seine…

Fliesenbohrer

Eine Spezialausführung aus der Familie der Spiralbohrer sind spezielle Fliesenbohrer, die von Konzept und Geometrie an die HSS-Bohrer erinnern. Sie sind darauf ausgelegt, mit scharfen Schneiden die Glasur der Fliese zu durchdringen. Sie haben jedoch den großen Nachteil einer relativ geringen Haltbarkeit.

Tipp: Damit dieser Bohrer nicht zu schnell stumpf wird, sollte wirklich nur die Glasur der Fliese entfernt werden und dann mit einem Karatbohrer weitergearbeitet werden. In der Praxis bewähren sich Glas-/Fliesenbohrer mit pfeilförmiger „Speerspitze“ vom Handling und der Haltbarkeit her vergleichsweise besser.

© Coprid | Der spezialisierte Glas- und Fliesenbohrer ist leicht an seiner pfeilartigen Form zu erkennen. Mit ihm gelingen auch Bohrungen…

Universalbohrer

Ohne ihn wäre eine Aufzählung der Bohrerarten nicht vollständig. Er liegt zwar preislich meistens im günstigen Bereich,  ist aber mit der Feststellung „Er kann alles, aber nichts richtig“ am besten beschrieben.

Empfehlenswert ist er wirklich nur dort, wo es auf Genauigkeit nicht allzu sehr ankommt und mehrere Materialien parallel bearbeitet werden. Spezialbohrer sind immer die bessere Wahl.

Spiralbohrer und ihre Eignung im Überblick

Material

Holz

Stahl

NE-Metall

Beton

Mauerwerk

Kunststoff

Fliesen

Aluminium

HSS-N

o

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HSS-H

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++

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HSS-W

+

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++

Steinbohrer

geschliffen

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o

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+

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Steinbohrer

Standard

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o

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Betonbohrer

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Holzbohrer

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Fliesenbohrer

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Universal-

bohrer

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o

o

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++ = perfekt     + =geeignet     o = bedingt geeignet   - = nicht empfehlenswert  - - = nicht möglich

Sonderformen

Neben den beschriebenen, häufig verwendeten Bohrerarten gibt es einige Sonderformen, die sich in ihrem Aufbau und ihren Verwendungsgebieten teilweise deutlich von den Spiralbohrern unterscheiden. Hier ein kleiner Überblick:

Senkbohrer, Senker
Sie erweitern Bohrlöcher so, dass ein planes Eindrehen von Senkkopfschrauben möglich ist

Forstnerbohrer, Flachfräsbohrer
Spezielle Ausführungen zur Holzbearbeitung. Sie werden im Artikel Holz bohren näher beschrieben

Blechschälbohrer
Ein kegelförmiger Fräsbohrer, von der Form ähnlich dem Kegelsenker. Mit ihm gelingen individuelle Lochgrößen in dünnen Blechen.

Glasbohrer
Glasbohrer für den Heimwerkergebrauch haben eine lanzenartige Spitze in Pfeilform. Sie sind neben ihrem Hauptverwendungszweck dazu geeignet, schonend Löcher in die Glasur von Fliesen zu bohren.

Tipp: Glas wird im professionellen Bereich auf aufwändigen Maschinen mit diamantbesetzten, wassergekühlten Hohlbohrern und passenden Senkern bei Drehzahlen um 4000 U/ min gebohrt. Hier muss beidseitig gebohrt werden, um ein Aussplittern der Rückseite zu vermeiden. Es ist daher sinnvoller, eine solche Arbeit in einer entsprechend ausgestatten Glaserei ausführen zu lassen.

© Denis Junker | Eine besonders markante Sonderform unter den Bohrerarten bietet der Forstnerbohrer. Seine Klingen arbeiten sich auch in…
© Denis Junker | Der Senkbohrer ist darauf ausgelegt, Bohrlöcher an ihrem Ausgang für Senkkopfschrauben zu erweitern. So können die…

Wie bei vielen Arbeiten macht also auch das Bohren nur dann richtig Spaß, wenn in das geeignete Gerät der zum Werkstück passende Bohrertyp eingespannt ist. Eine sorgfältige Auswahl des korrekten Werkzeugs sorgt für zügigen Fortschritt des Projekts und schont Nerven sowie Material.

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