Meinung: Wo bleibt die Besinnlichkeit?

Wenn man den Ansturm auf die Geschäfte so miterlebt oder einen Paketfahrer fragt, wann er eigentlich dieser Tage Feierabend hat, könnte der Eindruck entstehen, dass das Fest des Friedens und Schenkens schon heute stattfindet. Schon zu Nikolaus beschleicht einen das Gefühl, die Besinnlichkeit geht irgendwo zwischen überlaufenden Geschenkelisten und alten Schokoweihnachtsmännern, die bereits seit August in den Regalen stehen, verloren. Grund genug für unseren Autor Fred, einmal seine ganz eigenen Fragen an die schönste Zeit des Jahres zu stellen!

Zahlen, Zahlen, Zahlen

Viel mehr als noch in den vergangenen Jahren, scheint sich alles um Geschenke zu drehen – schöner, größer und einmaliger als je zuvor. Entsprechende Aufrufe, verknüpft mit statistischen Erhebungen, gab es bereits im November. Die Presse wurde nicht müde, ihren Lesern zu vermitteln, dass in Deutschland das Budget für Weihnachtsgeschenke bei 266 € liege. Das ist der zweithöchste Wert, der von Statistikern in den letzten zehn Jahren recherchiert wurde. Die Gesellschaft für Kommunikation mbH in Kronberg wagt sich mit ihren vorausgesagten 291 € sogar noch weiter nach vorne. Ist bei all dem Trubel Weihnachten eigentlich noch Weihnachten?

Deutschland erreicht noch nicht einmal europäische Spitzenwerte bei den prognostizierten Weihnachtseinkäufen, sondern landet hier gerade mal auf Platz 4! Gefolgt von der Schweiz (380 €) und Österreich (mit immerhin noch 372 €), ist ausgerechnet EU-Aussteiger Großbritannien mit 452 € unangefochtener Europaprimus. Nun könnten diese Zahlen alle noch weit aufgesplittet werden, beispielsweise nach Alter, Geschlecht, On- und Offline-Käufen und selbst nach der Art der vermutlich angeschafften Präsente zum Fest. Was dann allerdings – nach Meinung des Autors – beinahe schon in Kaffeegrundleserei ausartet. Denn wen spornt dieses gerade gelesene Zahlenmaterial jetzt besonders an? Vielleicht in der Weise, nun aber rasch noch ein paar Angstkäufe zu erledigen, damit man selbst bloß in das Schema der Statistik passt? Wahrscheinlich eher weniger. Worauf kommt es also wirklich an?

Zeit finden

Darf ich verraten, was MICH vor Kurzem beeindruckt hat und MEINE Zeit vor den Feiertagen in diesem Jahr besonders prägt? Eine Werbung war´s, die ich in dieser Form nicht erwartet hatte, und erst recht nicht vom größten Lebensmitteleinzelhändler Deutschlands. „Zeitschenken“ nennt EDEKA sein Weihnachtsvideo, das allein auf YouTube innerhalb von 18 Tagen fast 10 Millionen Mal angeklickt wurde. Nachdenklich bin ich geworden nach dem kurzen Film, was mir bei Werbung eigentlich kaum passiert, und ich habe dabei gedanklich die vergangenen Monate dieses Jahres für mich Revue passieren lassen.

Hatten wir ungeachtet aller negativen Schlagzeilen 2016 nicht doch auch unglaubliches Glück? Die meisten von uns bestimmt im privaten und beruflichen Bereich; aber zugleich alle Menschen im deutschsprachigen Raum, dass wir diese Zeit trotz weltweitem Terror in Frieden erleben durften? Auch daran sollten wir denken, wenn wir uns, mitunter gestresst von den vielen sich überschlagenen Ereignissen der vergangenen Monate, durch die gut besuchten Warenhäuser, Gartencenter und Shoppingmails drängen, um (natürlich) nur das schönste und erlesenste Geschenk für unsere Lieben zu Hause und alle ziemlich besten Freunde aufzuspüren. Zeit werden wir dort allerdings nicht in den Warenkorb legen können. Diese sollten wir aber dennoch finden!

 

Bildquelle: © Melpomene - Fotolia.com

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