Barrierefreies Bad einrichten
Barrierefreiheit für alle
Der Gedanke, sich ein barrierefreies Bad einzurichten, steht bei der Bauplanung selten im Vordergrund. Die Folge sind aufwändige und teure Nachrüstungen, falls unvermittelt der Bedarf entsteht, z.B. nach einem Unfall oder mit zunehmender Gebrechlichkeit im Alter. Oftmals sind der Zuschnitt des Hauses und die Raumaufteilung jedoch gar nicht geeignet, um wirklich barrierefreie Einrichtungen zu installieren. Das kann zu großen Problemen führen.
Im öffentlichen Raum besteht dieser Konflikt im Regelfall nicht. Denn hier sorgen gesetzlich verankerte Bauvorgaben für eine ausreichende Verfügbarkeit barrierefrei zugänglicher sanitärer Anlagen. Entsprechende Bauordnungen richten sich in Deutschland nach den Empfehlungen der DIN 18040 oder in Österreich nach der ÖNORM B 1600:2011, wie sie der Artikel Barrierefreies Badezimmer planen auszugsweise vorstellt. Für Bauvorhaben mit ausschließlich privater Nutzung sind diese Regelwerke zwar nicht verpflichtend. Dennoch bieten sie auch hier wertvolle Orientierung, welche Voraussetzungen für ein barrierefreies Bad zu schaffen sind. Anlass genug also, sich einmal genauer damit auseinanderzusetzen, wie sich ein barrierefreies Bad einrichten lässt!
Vorausschauend planen
Barrierefreies Bauen ist nicht ausschließlich ein Anliegen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität. Bei der grundsätzlichen Überlegung, wie das zukünftige Badezimmer aussehen soll, wird nämlich selten bedacht, dass barrierefreies Bauen auch familienfreundliches Bauen ist. Wenn die Waschbecken etwas tiefer sitzen, Bodenflächen rutschsicher ausgefertigt sind und ein ausklappbarer Wickeltisch zur Verfügung steht, profitieren auch die Kleinsten davon. Nicht zu vergessen ist, dass die Bauherren auch für das Alter vorplanen müssen. Im Normalfall baut jeder von uns nur ein einziges Mal im Leben. Das neue Haus soll demnach auch als Alterswohnsitz dienen, körperliche Gebrechen inklusive. Entsprechend darf die Bauplanung nicht zu kurz gedacht werden.
Auch wenn der Bedarf nach einem barrierefreien Bad akut nicht gesehen wird, helfen schon einige vorausschauende Maßnahmen, eine nachträgliche barrierefreie Ausstattung sicherzustellen. Dazu gehören allgemeine Überlegungen wie die Positionierung des Bads. Idealerweise sollte es nicht im Obergeschoss, sondern leicht zugänglich im Erdgeschoss liegen. Dabei ist auch nicht der möglichst kleinste Raum auszuwählen. Vielmehr sind von Beginn an die notwendigen Raumforderungen für eine barrierefreie Nutzung vorzusehen, damit sich bei Bedarf Haltegriffe nachrüsten lassen oder Rollstuhlfahrer Platz zum Manövrieren finden. Durch Verlegung einer zusätzlichen Leerverrohrung lässt sich zudem sicherstellen, dass die Nachrüstung von automatischen Spülvorrichtungen, Liftern oder Thermostaten unkompliziert erfolgen kann
Bewegungsfreiheit sicherstellen
Kernforderung bei der Raumaufteilung im Badezimmer ist eine ausreichende Bewegungsfläche, die im Bedarfsfall das Wenden eines Rollstuhls ermöglichen soll. Daher ist im Vorfeld jeder sanitären Installation grundsätzlich eine Fläche von 150 x 150 cm freizuhalten. Diese Flächen können sich jedoch überschneiden, so dass sich im kompaktesten Fall alle Installationen wie WC, Waschbecken oder Dusche um eine zentrale Fläche mit entsprechenden Maßen gruppieren. Direkt neben den Installationen ist zudem ein Freiraum mit einer Breite von 90 cm vorgesehen, von wo aus Rollstuhlfahrer in die sanitären Anlagen wechseln oder andere Personen assistieren können. Daraus folgt, dass zwischen WC und Dusche bzw. WC und Badewanne immer ein Abstand von 90 cm bestehen muss.
Doch es gibt noch weitere Vorgaben. So ist für Haushalte mit mehr als 3 Personen nicht nur ein einfaches Waschbecken, sondern ein Waschtisch mit zwei Waschgelegenheiten vorgesehen. Die Waschbecken sollten auch für Kinder bzw. im Sitzen erreichbar sein, d.h. ihre Oberkante sollte bei maximal 80 cm über dem Boden liegen oder verstellbar sein. Unter dem Waschbecken bzw. –tisch darf kein Schrank stehen. Stattdessen ist hier Platz für die nötige Beinfreiheit im Sitzen zu wahren. Bei einfachen Waschbecken beträgt die unterfahrbare Tiefe zumindest 45 cm. Jedoch dürfen Waschbecken bis zu 20 cm in den Wendekreis von 150 x 150 cm hineinragen. Spiegel sollten direkt über dem Waschbecken ansetzen und möglichst hoch ausgeführt werden. So lässt sich auch aus tieferen Blickwinkeln das eigene Spiegelbild begutachten.
WC barrierefrei einrichten
In Österreich bilden sie den Standard, doch in Deutschland sind vom Badezimmer getrennte WCs weniger weit verbreitet. Falls Personen mit eingeschränkter Mobilität im Haushalt leben, ist jedoch zu überlegen, grundsätzlich ein separates WC im Haus einzurichten. Dies erleichtert die Abläufe im Haushalt und erleichtert den barrierefreien Zugang. Die Toilettenschüssel sollte dann mit 65-70 cm länger sein als gewöhnlich und auf einer Höhe OK von 46-48 cm liegen. Eine Rückenstütze 5 5 cm hinter der Vorderkante erleichtert Rollstuhlfahrern die Benutzung. Auf einen WC-Deckel wird verzichtet.
Auf einer Seite der Toilette muss wie beschrieben ein freier Raum von 90 cm zur Verfügung stehen. Von hier aus können Rollstuhlfahrer auf die WC-Schüssel wechseln. Außerdem können assistierende Personen diesen Freiraum nutzen. Im privaten Bereich hängt die Wahl, ob dieser Raum links oder rechts der Toilette liegen soll, von den Bedürfnissen des Benutzenden ab. Betriebe und öffentliche Einrichtungen müssen dagegen jeden dieser zwei Fälle vorsehen und daher auf beiden Seiten 90 cm freihalten. Um Zugang und Benutzung zu gewährleisten, sind horizontale (einklappbare) Haltebügel parallel zur WC-Schüssel anzubringen. Sie liegen etwa auf einer Höhe OK von 75-85 cm und bilden eine lichte Breite von 65-70 cm. Idealerweise befinden sich Toilettenpapierhalter und ein Fernauslöser für die Spülung an einem dieser Griffe.
Bad und Dusche barrierefrei einrichten
Der barrierefreie Zugang zu Dusche und Badewanne gehört zu den komplexesten Anforderungen bei der Einrichtung des Badezimmers. Für die Dusche gibt es dabei mit der schwellenlosen Ausführung eine äußerst praktikable Lösung. Mit einem Höhenunterschied von allenfalls 2 cm zum Boden des Bads wird ein erschwerter Zugang verhindert. Eine Duschtür, die sich horizontal in zwei einzeln zu öffnende Klappen gliedert, erleichtert das Assistieren durch eine zweite Person, ohne das Bad unter Wasser zu setzen. Die Duschfläche sollte mindestens 90 x 90 cm betragen, für Rollstuhlfahrer dagegen 150 x 150 cm. Ein ausklappbarer Duschsitz befindet sich auf 46-48 cm Höhe, die Armaturen sollten nicht höher als 100 cm über dem Boden liegen. Die Duschstange ist solide als Haltegriff auszuführen, zusätzliche waagerechte Handgriffe befinden sich auf 75 cm Höhe.
Die Benutzung einer Badewanne ist komplizierter. Maßnahmen wie die Verbreiterung des Wannenrandes, um Rollstuhlfahrern das Wechseln in die Wanne zu erleichtern, erschweren zugleich den sicheren Zustieg für andere Personen im Haushalt. Daher ist zusätzlich eine Badetür in der Wanne vorzusehen. Diese kommt auch älteren Personen zugute. Der Rand selbst sollte 50 cm hoch sein. Waagerechte Haltegriffe, die bis zu 30 cm über dem Wannenrand liegen, erleichtern die Benutzung. Ein senkrechter Haltegriff bis zu einer Höhe von mindestens 150 cm ermöglicht Zu- und Ausstieg. Auch hier lässt sich die Duschstange als zusätzlicher Haltegriff ausführen.
Was sonst noch zu beachten ist
Es gibt weitere Maßnahmen, die zu beachten sind, wenn man sich ein barrierefreies Bad einrichten möchte. So ist auf allen Bodenflächen die Ausrutschgefahr zu minimieren. Dusche und Badewanne lassen sich hierzu mit rutschhemmenden Belägen ausstatten. Der Boden des Badezimmers lässt sich dagegen schon rutschsicher machen, indem möglichst viele Fliesenfugen verlegt werden, wie sie z.B. bei einer Mosaikfliesung gegeben sind. Für den Fall, dass trotzdem jemand ausrutscht, muss die Badezimmertür nach außen aufschwingen, damit der Zugang nicht blockiert werden kann.
Zusätzliche waagerechte Haltegriffe an der Wand können die Begehbarkeit des Badezimmers erleichtern. Grundsätzlich ist beim Thema Monturen zu berücksichtigen, dass die Wände starken Belastungen standzuhalten haben und deshalb keine Blenden verwendet werden sollten. Diese würden die sichere Montierung und Benutzung von Haltegriffen infrage stellen. Daneben ist es hilfreich, Armaturen wie Wasserhähne mit verlängerten Hebeln auszustatten. Auch Temperaturregler, die eine Erhitzung des Wassers über eine Marke von 45 Grad hinaus verhindern, können relevant sein.
Wie anfangs bereits erwähnt, besteht im privaten Haushalt keine Pflicht zum barrierefreien Ausbau des Bads. Dennoch ist es sinnvoll, vorausschauend und familienfreundlich zu planen. Die hier genannten Maße stellen dabei nur Empfehlungen dar, die den allgemeinen Verordnungen für den öffentlichen Raum entspringen. Im privaten Einzelfall sind bei den Montagehöhen und der Raumaufteilung jedoch die individuellen Bedürfnisse der Nutzer zu berücksichtigen, so dass diese in die Lage versetzt werden, das Badezimmer möglichst komfortabel zu nutzen. Darin liegt schließlich der Kernpunkt beim Einrichten eines barrierefreien Bads!
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Wer ein barrierefreies Badezimmer planen möchte, sollte mit den gängigen Normen vertraut sein. Hier also die wichtigsten Zahlen im Überblick!
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