Bauversicherungen - Wie sich Bauherren versichern müssen
Eine Bauversicherung für jeden Fall
Der Hausbau ist eine geschäftige Anlegenheit. Doch wo Hektik und Betriebsamkeit herrschen, kann auch schnell etwas schief gehen. Baufehler und Materialverluste sind dabei nur die offensichtlichsten Missgeschicke. Schlimmer wird es, wenn Überschwemmungen oder Beben die gesamte Konstruktion bedrohen oder Feuer dem Baufortschritt den Garaus macht. Doch auch Menschen können von Unfällen betroffen sein, seien sie Bauhelfer, unbeteiligte Passanten oder gar die Bauherren selber. Damit aus all diesen Eventualitäten keine irreparablen finanziellen Schäden erwachsen, sollten sich die zukünftigen Eigenheimbesitzer während der Bauphase einen soliden Versicherungsschutz einrichten.
Um die Orientierung auf diesem schwierigen und unübersichtlichen Gebiet zu erleichtern, listet der folgende Artikel die gängisten und nützlichsten Bauversicherungen auf, die auf keiner Baustelle fehlen sollten. Außerdem erfahren Interessierte, welche Policen vielleicht nicht elementar, aber doch durchaus nützlich sein können, um das Bauvorhaben keinem unnötigen Risiko auszusetzen. Dieser erste Teil zum Versicherungsschutz beim Hausbau beschränkt sich dabei zunächst auf solche Versicherungen, die Schäden an Mensch und Material decken. Im Fokus stehen hier die Bauversicherungen. In einem zweiten Teil werden aber auch solche Versicherungen zur Sprache kommen, die vorrangig das Kapital des Bauprojekts und damit die Zukunft der ganzen Baustelle absichern.
Bauherrenhaftpflicht
Stellt im Alltag die private Haftpflicht das Maß aller Dinge dar, wenn es um Versicherungen geht, so ist auch auf der Baustelle eine Haftpflichtversicherung unerlässlich. Denn auf einer Baustelle haftet ein Bauherr für alle Schäden, die durch Unglücke an fremdem Besitz oder an der Gesundheit Anderer entstehen - und zwar unbegrenzt. Das finanzielle Ausmaß solcher Unglücksfälle kann schnell unkalkulierbar werden: Wird z.B. ein Passant durch einen herabfallenden Mauerstein schwer verletzt, so dass er zukünftig seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, muss der Schuldhafte, also der Bauherr - ein Leben lang für den Verdienstausfall aufkommen. Einem solchen Risiko, das schnell in den finanziellen Ruin führt, muss durch eine Bauherren-Haftpflichtversicherung begegnet werden.
Die Bauherrenhaftpflicht wickelt während eines Bauzeitraums von 2 Jahren alle Fälle ab, bei denen Leib bzw. Eigentum Dritter durch die eigene Baustelle in Mitleidenschaft gezogen werden und fängt finanzielle Forderungen ab, die daraus erwachsen können. Das gilt auch bei Fahrlässigkeit. Dabei prüft die Versicherungsgesellschaft zunächst die Rechtmäßigkeit der Ersatzansprüche und trägt bei Bedarf auch Gerichtskosten sowie Schadenssumme. Eine solche Dienstleistung kann den Unterschied ausmachen zwischen einer sicheren Baufinanzierung und dem privaten Bankrott.
Der Preis einer Bauherrenhaftpflicht-Versicherung orientiert sich an der Gesamtbausumme des Projekts und liegt hier bei etwa 1 Promille. Der einmalig zu leistende Beitrag beläuft sich damit durchschnittlich auf 150 bis 250 Euro, kann aber je nach Wert des Bauprojekts auch deutlich darüber liegen. Dennoch macht die Haftpflicht im Vergleich zum restlichen Aufwand nur einen winzigen Posten in der Baufinanzierung aus und sollte daher unbedingt in Anspruch genommen werden! Ein Faktor, der die Höhe der Prämie mitbestimmen kann, ist das Ausmaß an geplanten Eigenleistungen. Diese werden bei der Ermittlung der Prämienhöhe zusätzlich auf die Gesamtbausumme wie Handwerkerstunden angerechnet und geben damit dem erhöhten persönlichen Risiko Ausdruck. Je nach Vertrag kommen dabei aber unterschiedlich hohe Grenzbeträge zum Tragen, deren Übertreten erst die Einbeziehung der Eigenleistung relevant werden lässt.
Tipp: Während ihrer Laufzeit übernimmt die Bauherrenhaftpflicht auch Ersatzansprüche, die aus der Missachtung von Grundbesitzerpflichten wie dem Laubkehren oder der Streupflicht entstehen.
Bauleistungsversicherung
Nicht nur fremdes Eigentum muss beschützt werden. Auch die eigene Baustelle will vor schädlichen Einflüssen finanziell abgeschirmt sein. Für das Grobe ist dabei die Bauleistungsversicherung zuständig. Mit ihr werden größere Schäden am Bau gedeckelt. Dazu zählen Beeinträchtigungen durch Naturgewalten wie Orkane oder Erdbeben, aber auch mutwillige Zerstörung durch Fremdeinwirkung. Ebenso versichert sind Schäden, die durch grobe Fahrlässigkeit seitens der Bauarbeiter hervorgerufen wurden oder durch Diebstahl. Zu beachten ist dabei jedoch, dass in allen Fällen nur Schäden am Baubestand als Versicherungsfall gelten.
Ist dagegen unverbautes Baumaterial von äußeren Einflüssen betroffen, greift die Bauleistungsversicherung nicht. Wenn also des Nachts unverbaute Mauerziegel zuhauf von der Baustelle gestohlen werden, geht der Bauherr ungeachtet leer aus. Ebenso unversichert bleiben Schäden durch normale Witterungseinflüsse wie Regen, Schnee oder Frost. Wer seine Baustelle gleichgültig den Jahreszeiten aussetzt, hat also keinen Ersatzanspruch zu erwarten. Außerdem wichtig: Auch Pfusch am Bau, fehlerhafte Umbauarbeiten oder aber Schäden, die auf unterlassene Schutzmaßnahmen zurückzuführen sind, werden nicht erstattet.
Die Bauleistungsversicherung kostet durchschnittlich zwischen 300 und 1000 Euro, kann aber auch schnell darüber liegen. Damit ist sie nicht so preiswert wie die Bauherrenhaftpflicht, schützt aber vor allen Eventualitäten, auf die der Bauherr im Regelfall keinen Einfluss hat.
Tipp: Schäden durch Feuer werden nicht ohne Weiteres von der Bauleistungsversicherung gedeckt. Um zusätzliche Kosten zu vermeiden, kann es lohnen, schon im Vorfeld eine Wohngebäudeversicherung abzuschließen. Denn sie umfasst auch eine kostenlose Feuerrohbauversicherung, die bereits während der Bauzeit wirksam ist.
Wohngebäudeversicherung
Die Wohngebäudeversicherung oder auch Eigenheimversicherung greift eigentlich erst, wenn das Haus schon steht. Unter bestimmten Gesichtspunkten kann aber dennoch ein früherer Einstieg lohnen.
Eigentlicher Zweck der Wohngebäudeversicherung ist es, das Haus nach Fertigstellung gegen Schäden durch Feuer, Sturm, Hagel oder Leitungswasser zu decken. Diese Palette kann noch erweitert werden, wenn zusätzlich eine Elementarschadenversicherung gebucht wird. Diese übernimmt auch Schäden durch Erdbeben, Erdrutsch, Lawinen oder Hochwasser. In bekannten Hochwassergebieten wird dieser Schutz allerdings nicht angeboten. Das sollte bedacht werden, falls das neue Traumhaus direkt am Flussufer entstehen soll.
Wichtige Extras bei der Wohngebäudeversicherung können die Öltankversicherung und die Feuerrohbauversicherung sein. Die Öltankversicherung ist besonders wichtig, wenn das Eigenheim über einen Ölkessel verfügt. Schlägt dieser leck und das Öl versinkt ins Erdreich, kann es für die Hausbesitzer richtig teuer werden. Es drohen Abtragung und Reinigung des Erdreichs sowie evtl. eine Grundwasserentseuchung. Die Kosten, die hierbei anfallen, sind von einem Durchschnittshaushalt üblicherweise nicht zu tragen.
Einen besonders interessanten Service bietet die Feuerrohbauversicherung. Denn diese sichert nicht das fertige Haus gegen Feuerschäden ab, sondern greift in die Bauphase vor. Die Dauer der Absicherung beträgt standardmäßig 6 Monate, kann aber aber auf bis zu 2 Jahre erweitert werden. Das Beste daran ist, dass die Feuerrohbauversicherung gratis ins Paket geschnürt wird. Es kann sich also lohnen, frühzeitig eine Wohngebäudeversicherung abzuschließen.
Hinweis: In Österreich ist in die Eigenheimversicherung oftmals schon eine prämienfreie Rohbauversicherung inkludiert, die die wichtigsten Leistungen für die Bauzeit - von der Bauherrenhaftpflicht bis zur Feuerversicherung - gesammelt umfasst. Es sollte allerdings genauestens auf das konkrete Leistungspaket geachtet werden, um ausreichend abgesichert zu sein. Außerdem muss bedacht werden, dass ein vorzeitiger Ausstieg aus der Eigenheimversicherung eine Nachzahlung der ersparten Prämie zur Folge haben kann.
Die exakten Kosten der Wohngebäudeversicherung sind maßgeblich von Standortfaktoren bestimmt. Nicht nur die allgemeine Lage der Immobilie, sondern auch Bauweise, Nutzungsart und Alter spielen hier eine Rolle. Zudem schwanken die Tarife je nach Anbieter. Für ein einfaches Einfamilienhaus ohne große Extras bewegt sich der Tarif zwischen 150 und 500 Euro pro Jahr. Kommen Zuatzversicherungen wie die Öltankversicherung hinzu, kann es auch teurer werden.
Tipp: Welche Schäden von der Wohngebäudeversicherung übernommen werden, ist genauestens auszuhandeln, da hier sehr viel Spielraum seitens der Versicherer besteht.
Weitere wichtige Bauversicherungen
Es gibt weitere Versicherungen, die wesentliche Gefahren für Bauherren abdecken, aber nicht in jeder Projektkonstellation Sinn machen. Einige davon stellen wir im Folgenden vor:
Grundstückshaftpflicht
Falls bereits ein Grundstück durch Erbe oder Kauf vorliegt, aber für längere Zeit nicht bebaut werden soll, ist es ratsam, bereits eine Grundstückshaftpflicht abzuschließen. Denn auch auf einem unbebauten Gelände können Menschen zu Schaden kommen, wenn dieses nicht vorschriftsmäßig abgesichert wurde. Eine Bauherrenhaftpflicht hat nur eine Laufzeit von 2 Jahren, kann also Grundstücke, die längere Zeit brachen liegen, nicht absichern, wenn anschließend noch gebaut werden soll. Die Kosten für die Grundstückshaftpflicht belaufen sich auf etwa 30-60 Euro.
Private Unfallversicherung
Wer bereits viele Eigenleistungen beim Hausbau mit einplant, ist mit einer privaten Unfallversicherung gut beraten. Schließlich soll ja auch der Bauherr als Person gut abgesichert sein. Selbst leidenschaftlichen Heimwerkern mit Erfahrung kann immer ein Missgeschick unterlaufen, das zu Verletzungen führt. Solche Unglücke werden aber nicht immer von der Pflichtversicherung getragen, da der Heimwerker selbstverantwortlich arbeitet. Es ist also immer eine Überlegung wert, den eigenen Versicherungsschutz ggf. zu ergänzen. Die Kosten liegen durchschnittlich bei 100 Euro/ Jahr. Handwerker, die auf der Baustelle arbeiten, sind schon betrieblich unfallversichert.
Bauhelferversicherung
Nicht nur Bauherr und professionelle Handwerker wollen auf der Baustelle versichert sein. Auch die zahlreichen freiwiligen Helfer, die oft in ihrer Freizeit mit anpacken, müssen abgesichert werden, damit ihnen aus ihrer Hilfsbereitschaft nicht später ein Nachteil entsteht. In Deutschland und Österreich greifen hier unterschiedliche Modelle.
Deutschland
In Deutschland ist die Meldung von privaten Bauhelfern Pflicht, unerheblich davon ob sie unentgeltlich oder gegen Bezahlung arbeiten. Die Meldung erfolgt bei der Bau-Berufsgenossenschaft und bringt den Vorteil mit sich, dass die Helfer automatisch mit einer Bauhelferversicherung gegen Unfälle abgesichert sind. Denn die Bau-BG ist in solchen Fällen der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Für die Bauhelferversicherung muss der Bauherr allerdings zusätzliche Kosten von 1-2 Euro pro Arbeitsstunde und Bauhelfer in Kauf nehmen. Wird die Meldepflicht übergangen, drohen hohe Bußgelder. Der Versicherungsschutz besitzt allerdings nur Gültigkeit, solange auf der Baustelle auch die Unfallverhütungsvorschriften der Genossenschaft, wie z.B. die Helmpflicht, eingehalten werden. Das Regelwerk ist vor dem Bauen also sorgfältig zu konsultieren.
Wichtig: Versichert sind nur Bauhelfer, deren Tätigkeit nicht im Rahmen einer Gefälligkeit erfolgt. Die Maßgabe richtet sich nach den Faktoren soziale Nähe des Helfers und Arbeitsaufwand. Arbeitet der ansonsten nicht näher befreundeteTennispartner in seiner Freizeit regelmäßig auf der Baustelle mit, ist er versichert. Hilft der beste Freund während der gesamten Maurerarbeiten aus, ist er ebenfalls versichert. Will der Vater bei einem Besuch nur schnell das Werkzeug aus dem Weg räumen und verletzt sich dabei, ist er nicht versichert. Die entscheidende Frage lautet: Könnte man die Tätigkeit des Bauhelfers als arbeitnehmerähnlich interpretieren?
Ebenfalls nicht eingeschlossen in die gesetzliche Bauhelferversicherung sind der Bauherr und evtl. vorhandene Lebensgefährten. Hier erfolgt die Absicherung entweder über einen freiwilligen Beitritt zur Bauhelferversicherung, der aber derzeit rund 4000 Euro im Jahr kostet, oder der Bauherr schließt zusätzlich eine private Bauhelferversicherung ab. Diese bietet Versicherten zusätzliche Leistungen, wie z.B. barrierefreie Umbauten am Haus nach Arbeitsunfällen, und und schließt auch den Bauherren mit Gatten oder Partnern mit ein. Je nach Modell kostet eine solche private Absicherung ca. 20-70 Euro pro versicherter Person.
Österreich
In Österreich können Bauhelfer durch eine private Bauhelfer-Unfallversicherung geschützt werden. Diese bezieht sich im Gegensatz zu Deutschland ausdrücklich auf nahestehende Personen aus Freundeskreis, Nachbarschaft oder Verwandtschaft, solange sie unentgeltlich auf der Baustelle aushelfen. Die Einmalprämien, die zu entrichten sind, orientieren sich an den Preisen einer Unfallversicherung.
Mittlerweile ist die Bauhelferversicherung auch als Teil im Gesamtpaket der Rohbauversicherung (siehe oben) zu haben (Rohbau-Unfallversicherung). Nicht immer ist das Angebot aber gratis. Es kann für diese Sonderleistung eine zusätzliche Prämie anfallen. Der Vorteil: Auch der Versicherungsnehmer ist vor Unfällen geschützt. Zudem sind Unfälle auf dem Weg von und zu der Baustelle ebenfalls gedeckt. Da die Unfallversicherung nicht zur Standard-Aufstellung einer Rohbauversicherung gehört, sollte der Leistungsumfang vor Abschluss genauestens unter die Lupe genommen und bei Bedarf ergänzt werden.
Fazit
Es ist nicht immer ganz leicht abzuwägen, welche Versicherungen wichtig sind, welche nicht und ab wann eine kostspielige Überversorgung an Versicherungsschutz entsteht. Eines ist jedoch klar: An der Bauherren-Haftpflichtversicherung führt kein Weg vorbei. Sach- und Personenschäden bei Dritten sind auf einer Baustelle schnell herbeigeführt, selbst wenn noch so vorsichtig gearbeitet wird. Doch auch ein lückenloser Versicherungsschutz aller Bauhelfer hat absolute Prioriät. Das gilt im Übrigen auch für den Bauherren, wenn er auf der Baustelle im Rahmen von Eigenleistungen Hand anlegt. Fällt der Bauherr mitsamt seines Einkommens aus, steht es in der Regel schlecht um die Ableistung des Baukredits.
Was die dingliche Absicherung des Hauses angeht, muss immer erwogen werden, wie hoch das Gefahrenpotential ist, dass der Bau durch Unwetter oder andere Einflüsse zu Schaden kommen könnte. Außerdem spielt die Bauzeit eine gravierende Rolle. Wird das Haus innerhalb eines Sommers hochgezogen, kann mit Umwelteinflüssen anders verfahren werden, als wenn sich die Bautätigkeit über Jahre hinzieht. Natürlich sind Beschädigungen der Bausubstanz nie völlig auszuschließen. Und manchmal hat man auch keine wirkliche Wahl. So verlangen viele Banken z.B. eine Brandschutzversicherung des Rohbaus oder sogar gleich eine vollständige Gebäudeversicherung, bevor sie ein Darlehen gewähren. Schließlich ist das Haus ihre beste Sicherheit.
Das Thema Bauversicherungen ist nicht unüberschaubar. Dennoch sollte man mit Verstand an die Sache herangehen. Und es kann durchaus lohnen, sich im Vorfeld auch einmal beraten zu lassen. Denn so ist sichergestellt, dass das Bauvorhaben zum Erfolgsprojekt wird.
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